Da hat aber einer gute Augen...
Da hat aber einer gute Augen, schoss es mir durch den Kopf, als ich die kleine Schrift des Mitreisenden gegenüber erspähte. Menschen im Zug – ich liebe es, mir Gedanken zu ihrer Herkunft zu machen oder mir eine Geschichte auszudenken, wieso genau diese Menschen sich gerade jetzt im selben Zug befinden wie ich.
Manchmal ist es ja ganz einfach. Wie vor zwei Wochen, als die peinliche Schar junger Erwachsener – johlend, angetrunken, laut – sich auf dem Weg an einen Eishochey-Match befanden. Da war meine einzige Frage: Wieso müssen sich solche Grüppchen immer in meiner Nähe hinsetzen? Bei anderen Mitpassagieren ist es schwieriger zu erraten, was sie genau an diesem Tag zur selben Zeit an den selben Ort brachte.
Meistens finde ich Mitreisenden angenehm. Wenn sie nicht gerade laut schmatzend ihr Essen vertilgen. Ich geniesse es mir auszumalen, wohin die Personen unterwegs sind oder woher sie kommen. Wartet am Ende ihrer Reise jemand auf sie oder werden sie die Ruhe in den eigenen vier Wänden geniessen?
Am Samstag machte ich mir aufgrund eines mir diagonal gegenüber sitzenden Mitreisenden Gedanken, zu welchem Anlass sich Menschen immer noch Handnotizen machen. Wohlverstanden, ich selber liebe es von Hand zu schreiben. Der jungen Mann mit den blonden Locken war allerdings anfänglich wie die meisten beschäftigten Leute im Zug eifrig am Laptop zugange. Ich überlegte mir noch, ob er vielleicht studiert. Oder ob er auf einer längeren Reise ist und gerade einen aktuellen Blogbeitrag schreibt.
Der junge Herr wechselte dann irgendwo zwischen Zürich und Bern von seinem Laptop zu seinem Notizbuch. Wow – da hat aber einer gute Augen! Das Notizbuch beinhaltete bereits vielen kleinen Absätzen mit noch viel kleinerer Schrift. Winziger Schrift, um genau zu sein. Sein Minenbleistift hatte bestimmt die dünnste Mine überhaupt und die Schriftgrösse war, was soll ich sagen, zwei bis drei Millimeter hoch?
Er schrieb im Zug auf eine kleine Karte, überlegte sich jedes Wort gut, griff sogar einmal zum Radiergummi. Wie er allerdings den Miniatur-Text je wieder lesen kann, bleibt wohl sein Geheimnis. Und wenn ich mir überlege, wie krakelig meine Handschrift während einer Zugfahrt ist, staune ich umso mehr.
Wer weiss, vielleicht finde ich in nächster Zeit einmal sein Bild auf einem Buchrücken? Möglicherweise studiert er und ist Schriftsteller? Ich werde es noch bereuen, habe ich kein klitzekleines, winziges Autogramm verlangt.

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