Zugbekanntschaften

Der Kluge reist im Zuge. Oder wie geht das Sprichwort? Ob klug oder nicht – Zugfahren hält immer Überraschungen bereit. Ob in Form von unvorhersehbaren Ereignissen oder Bekanntschaften. Bevor ich also zu unserer Salzburg-Erfahrung komme, gewähre ich euch einen kleinen Einblick in unsere Anreise.

Meteobedingte Reiseplanänderungen

Bereits von Bern nach Zürich war der Zug bis auf den letzten Platz besetzt. Kein Wunder, schliesslich ist Auffahrt ein beliebter Ausflugstag. Zu unserem Viererabteil gesellten sich zwei asiatische Frauen. Mutter und Tochter, wie wir später herausfanden. Die Mutter lebt in Singapur, die Tochter in Melbourne. 

Die beiden hatten ihre gemeinsame Reise eben erst begonnen und kamen von Interlaken her. Für die folgende Nacht hatten sie ein Hotel in Zürich gebucht. Ihr ursprünglicher Plan, während zwei Wochen Italien zu bereisen, hatten sie aufgrund der Überschwemmungen bereits über Bord geworfen. Sie suchten nach einem neuen Reiseplan, wussten nicht, ob sie zurück nach Deutschland sollten und ihre Reise im Norden fortsetzen. Ihr Rückflug wird von London aus starten.

Wir halfen ihnen wettertechnisch nachzusehen, wo es etwas weniger nass sein können. Erzählten, dass auch wir vor hatten über das lange Wochenende ins Piemont zu fahren aber uns aufgrund der Wettervorhersage entschieden, eine Reise nach Salzburg zu unternehmen. Salzburg, das wäre auch eine Idee. Vielleicht würden wir ja einander wieder dort treffen. Lindau am Bodensee konnten wir ihnen auch noch empfehlen. Und dass es vielleicht schlau wäre, ein Interrail-Ticket zu kaufen statt Einzelfahrkarten. Die beiden lustigen und aufgeschlossenen Frauen bedankten sich und ein Selfie mit allen vieren durfte natürlich nicht fehlen. 

Dankbarer Mitreisender

Auch die weitere Anreise gestern erfolgte planmässig. Die ÖBB hatte für das unterbrochene Teilstück den Ersatzbus-Betrieb sehr gut organisiert. Einzig im Zug lässt die Betreuung der Fahrgäste etwas zu wünschen übrig. Die Endstation des Zuges war Bratislava. Nicht alle Passagiere verstanden die deutschen oder englischen Ansagen im Zug. Noch schwieriger war es für den Mann im Abteil neben uns. Er war taubstumm. Was für uns den Vorteil hatte, dass uns seine Telefongespräche nicht störten (Facetime in Zeichensprache ist bekanntlich geräuschlos) aber ihn in der Möglichkeit mit dem Schaffner zu sprechen natürlich nicht weiter half. An den digitalen Anzeigen war nur zu lesen, dass wir Verspätung hatten. Die restlichen Infos wurden auditiv weiter gegeben.

Der Mann zeigte dem Schaffner seine Reiseroute auf dem Mobiltelefon. Als Antwort erhielt er nur: „Landeck-Zams finish for this train“. Also gab er ihm zu verstehen, dass er nichts hörte und ihn nicht verstehen konnte, aber der Schaffner machte nur ein Zeichen mit beiden Händen, das „fertig“ bedeuteten sollte und ging weiter. Der Mann blieb etwas ratlos zurück. 

Wir versuchten ihm auf dem Mobiltelefon eine Notiz zu schreiben, dass es einen Erdrutsch gab und wir in Landeck umsteigen müssten auf Busse und danach in Ötztal wieder auf den Zug umsteigen. Er verstand aber kein Deutsch. Also stellte er auf seinem Mobiltelefon eine Übersetzungs-App ein, in die wir englisch sprechen konnten und der Text wurde ihm in seiner Sprache in Textform ausgegeben. Das war übrigens Ukrainisch. Reto kommunizierte so in einfachen Sätzen mit ihm, um zu erklären was es mit der Verspätung auf sich hatte und dass er sich beim Umsteigen auf den Bus und zurück einfach uns anschliessen könne. Nicht immer klappte die Übersetzung – aber mit der digitalen Hilfe und Hände und Füsse konnten wir uns eingelassen verständigen. 

Der Mann war Ukrainer und musste bis nach Bratislava, dort jedoch nochmals umsteigen. Er musste kurz über die Grenze, um den Pass seines Sohnes zu verlängern und wollte dann direkt zurück fahren nach Österreich. Dies sei schneller, als wenn er in Wien auf’s Konsulat ginge, da dauere diese Passverlängerung nämlich etwa 7 Monate. Das Problem war also die Zugverspätung. In Bratislava hatte er nämlich nur 30 Minuten Zeit zum Umsteigen. Und das mitten in der Nacht. Erwischte er den Anschlusszug nicht, müsste er die Nacht im Bahnhof verbringen. Wir konnten ihm zwar helfen, als wir auf den Bus umsteigen mussten und wieder in den Zug, aber in Salzburg haben wir den Zug verlassen und obwohl er noch mehrmals den Schaffner fragte, ob er den Anschlusszug erreichen könnte, erhielt er keine Antwort. Unsere Verspätung in Salzburg betrug 40 Minuten. Ist nur zu hoffen, das der Zug noch etwas Zeit aufholte… Wir drücken ihm die Daumen. 

Archiv

Ausgeblendet

Metz – Luxemburg – Nancy, Juli 2024
 
Bellinzona – Bergamo – Trient – Innsbruck, April 2024
 
Grenoble, März 2024
 
Parma und Asti, Oktober 2023
 
Finnland – Estland, August 2023
 
Salzburg, Mai 2023
 
Madeira, März 2023
 
Interrail, September 2022